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WELTMEISTERSCHAFTEN IN TIROL

Tirol und die Nordischen

Skisprung-Olympiasieger Toni Innauer im Gespräch über die Entwicklung der nordischen Sportarten in Österreich und das Potenzial der WM 2019 in Seefeld.

SEPTEMBER 2018Text: Das Gespräch führte Julia Tapfer.
Toni Innauer

© Axel Springer, Erich Spiess

Herr Innauer, wann hat sich Ihre Sportart, das Skispringen, in Tirol verbreitet?
Toni Innauer: 1927 war das erste Skispringen auf einer Naturschanze am Bergisel. Die Vierschanzentournee ist bereits über 60 Jahre alt, das heißt, das erste Tourneespringen fand am 3. Januar 1952 statt. Einen wichtigen Impuls haben dann aber die Olympischen Spiele 1964 in Innsbruck und auch die Studentenweltmeisterschaft in Absam gegeben. Auch die Gründung des Skigymnasiums Stams war ein wichtiger Schritt. Zu Beginn wurden dort noch keine nordischen Sportarten angeboten, aber ab 1970 kamen Skispringer dazu, die bald schon international erfolgreich waren.

Kann man beim Skispringen von Breitensport sprechen?
Nur was die Breite der Ski betrifft (lacht). Es ist immer ein Spitzensport gewesen, es gibt zwar seit einigen Jahrzehnten eine Masterszene, also Menschen in meinem Alter, die noch kompetitiv Skispringen. Aber das ist ein sehr exklusiver Abenteuersport. Skispringen ist wie Akrobatik im Schnee.

Zur Person:

Der 1958 in Vorarlberg geborene Toni Innauer holte 1980 bei den Olympischen Winterspielen in Lake Placid Gold auf der Normalschanz. Er war 1976 der erste Springer, der von allen fünf Sprungrichtern die Bestnote 20 erhielt. Bis heute ist der „perfekte Sprung“ nur sechs weiteren Athleten gelungen.

Nach seinem frühen Karriereaus arbeitete Innauer als Cheftrainer der Skispringer bzw. als Nordischer Sportdirektor beim ÖSV. 2010 zog er sich aus der Funktionärstätigkeit zurück und ist seitdem mit www.innauer+facts.at selbstständiger Berater und Unternehmer.

Das Langlaufen ist im Gegensatz zum Skispringen eindeutig ein Breitensport. Wie entwickelte sich diese nordische Sportart in Österreich und Tirol?
Es hat natürlich auch hier einzelne Vorreiter gegeben, aber sicherlich waren ebenfalls die Olympischen Spiele 1964 ein wichtiger Impuls, als man gesehen hat, welche Geschwindigkeit die Skandinavier draufhatten. Da hat man im ÖSV beschlossen, dass man den österreichischen Athleten die Möglichkeit geben muss, ganzjährig zu trainieren. Das ganze Spektakel im Fernsehen war sicher auch ein Treiber für den Breitensport, auch die Nordischen Weltmeisterschaften in Seefeld 1985 oder die Olympischen Spiele 1976. Mit dem Sammeln von Erfahrungen hat sich der Langlauf auch in anderen Gemeinden ausgebreitet und man hat Loipen gebaut. Man hat gemerkt, dass sich das Gelände gut eignet und der Langlauf eine Alternative und gute Ergänzung zum alpinen Skifahren ist.

Ihre aktive Zeit als Skispringer ist mittlerweile über 30 Jahre her. Was hat sich im Sport geändert?
In einem Satz könnte man sagen: Die Leute springen heute, vor allem durch den V-Stil und größere Schanzen mit weniger Anlauf, deutlich weiter als früher. Natürlich hat sich technisch viel getan, aber der Sport schützt sich auch davor, dass er rein technologiegetrieben ist. Es soll das Können der Sportler und nicht das Material entscheiden.

Mit der Einführung des Weltcups, dem Fall des Amateurparagrafen bei Olympia und durch kluge Produktentwicklung wurde Skispringen auch im Fernsehen zur „Formel 1 des Winters“. Wir sind noch für 10 D-Mark Taggeld gesprungen, moderne Skispringer können gut Geld verdienen.

Toni Innauer

„Ich bin zuversichtlich, dass die Nordische WM in Seefeld ähnlich wie die WM 1999 in der Ramsau wichtig für den Stellenwert der Nordischen sein wird.“

Toni Innauer, Skisprung-Olympiasieger von 1980

Welchen Stellenwert nehmen die nordischen Sportarten im Vergleich zum alpinen Skifahren im ÖSV ein?
Wir Skispringer haben lange an der Qualität des Sports und guten Wettkampfformaten gefeilt. Die TV-Einschaltquoten beim Skispringen sind weltweit deutlich höher als bei Ski Alpin. Wir haben lange dagegen gekämpft, dass man uns als fünftes Rad am Skisport-Wagen behandelt. Gerade in Österreich und Deutschland haben wir das im Lauf der Jahre mit erfolgreichen Sportlern und Trainern auch sehr gut geschafft. Wir haben das Gefühl, dass wir wesentlich für den Wintersport sind und ihn auch nachhaltig mitprägen.

Im Februar 2019 findet die Nordische Ski-WM in Seefeld statt. Wie profitiert Tirol von so einer Veranstaltung?
Wenn man solche Ereignisse gut über die Bühne bringt, hat man die Möglichkeit, Tirol mit seinen Voraussetzungen für Langlauf, dem herrlichen Umfeld und den schönen Loipen so ins Bild zu rücken, dass uns die Leute diese Kompetenz zu Recht zutrauen. Das beginnt schon bei der Vorbereitung, man ist, was Wettkampfstätten, Loipennetz und Erreichbarkeit betrifft, absolut am Puls der Zeit. Von solchen infrastrukturellen Maßnahmen profitieren der Tourismus, die Vereine, der Tiroler Skiverband, das Skigymnasium Stams und letztlich der bewegungsbegeisterte Teil der Bevölkerung.

Werden Sie an der WM auch beteiligt sein?
Ich bin für das ZDF wieder als Experte im Einsatz. Das ist eine sehr ehrenvolle Aufgabe, unserem auch touristisch wichtigen Nachbarn Deutschland das Skispringen übermitteln zu dürfen und als Österreicher Botschafter des Sports zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

FIS Nordische Ski Weltmeisterschaften

19. Februar bis 3. März 2019 in Seefeld

Die WM umfasst Bewerbe in den Sportarten Langlaufen, Skispringen und Nordische Kombination. Sowohl Einzel- als auch Team­konkurrenzen werden ausgetragen. Bei der Nordischen Kombination gibt es nur Herrenbewerbe, beim Langlaufen und Skispringen gehen auch Frauen in eigenen Bewerben und im Mixed-Team an den Start.

Auswahl österreichischer Hoffnungsträger:

Hoffnungsträger
© Erich Spiess
THEMEN IN DIESEM ARTIKEL:
#Interview#Ski Nordisch#Weltmeisterschaft
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