Wie aus weniger mehr wird

© Tirol Werbung
Vorbei die Zeiten als Anfang der 1990er Jahre Banken zögerlich mit Kreditvergaben in der Tourismusbranche waren. Angesichts damals sinkender Frequenzen und weltweiter Konkurrenz gab es auch hierzulande Zweifel an Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit. Tatsächlich hat sich der Tiroler Tourismus in den vergangenen Jahrzehnten als sehr stabiler Anker in turbulenten Zeiten bewiesen, der wirtschaftliche Perspektiven in unseren Tälern sichert. Wer in diesem Kontext heute allzu populistisch vor einem Zuviel – sprich „Overtourism“ – warnt, der sollte der Ordnung halber auch die Effekte von „Undertourism“ anführen: also viel kalte Betten, mangelnde Nachfrage bzw. Auslastung mit folglich geringer Preisdurchsetzung, wirtschaftlicher Negativbilanz und regionaler Abwanderung.Wenn wir jetzt in Tirol sinnhafterweise nicht mehr länger vom Wettbewerb der Frequenzsteigerungen, sondern vom Streben nach Qualität angetrieben werden wollen, so wird dies wohl nur durch ein deutliches Bekenntnis zur insgesamten Verknappung betriebswirtschaftlich tragfähig sein. Erst wenn etwas begrenzt verfügbar ist bzw. weniger Angebot als Nachfrage aufweisen kann, so lässt sich eine höhere Wertschätzung und -schöpfung erzielen. „Boutique“ beschreibt als internationales Schlagwort in diesem Kontext ein jüngeres Erfolgsmodell, das auch in Tirol vorbildlich zu sehen ist. Dabei signalisieren nicht nur kleine Dienstleister wie profilierte Beherberger und Gastronomen, sondern sogar größte Skigebiete mit Kapazitätslimitierungen bewusst Individualität und Qualität.
Wer heute vor „Overtourism“ warnt, der sollte auch die Effekte von „Undertourism“ anführen.
Verknappung ist also ein wichtiges Element zur Wertsteigerung. Es ist nachweislich ein sicheres Erfolgsmodell, wenn wir uns bei unserem Tun auf handwerklich besonders Wertvolles und inhaltlich besonders Sinnvolles konzentrieren – gewürzt mit Selbsttreue, Identität und Leidenschaft. Nur begeisterte Skifahrer sind gute Skigebietsbetreiber, nur wer echt gerne Gäste umsorgt, ist ein guter Gastgeber, und keine Gastronomie lässt sich ohne große persönliche Stilistik mit Passion für gutes Essen und Trinken nach vorne entwickeln.
Mehr Anerkennung
Wir haben wahrlich viele Leute mit einer derartigen Einstellung im Land Tirol. Es sollte gerne mehr Anerkennung finden, wie sich hervorragende Unternehmer und Führungskräfte kompromisslos ihrem eigenen Stil und ihrer Qualitätsstrategie widmen: Ohne Zweifel bleibt, wie in anderen Branchen auch, das Volumengeschäft eine dominierende Größe, wenn es um die Rentabilität geht. Es scheint jedoch nicht nur bei „Bereisten“, sondern auch bei den „Reisenden“ unserer westlichen Welt insgesamt zunehmend die Ethik der Dinge eine entscheidende Bedeutung zu erlangen. Angesichts hoher Nachfrage und Qualität, persönlicher Authentizität und einem reizvollen Natur- und Lebensraum hat unser Land beste Voraussetzungen – aus „weniger“ tatsächlich „mehr“ zu machen. Und somit den eingeschlagenen Weg in Richtung höchstmöglicher Wertschöpfung zu forcieren.
Josef Margreiter, Geschäftsführer Tirol Werbung
Das könnte Sie auch interessieren
Auf neuen Spuren
Tirol hat sich als Winterurlaubsdestination einen Namen gemacht, spricht aber das ganze Jahr über verschiedene Urlaubsmotive an. Auf dem Weg zur Ganzjahresdestination sind eine bunte Themenvielfalt sowie ein Miteinander zwischen der Branche und Bevölkerung essenziell.
Erwartungshaltungen
Was bedeutet Qualität im Tourismus? Das Erfüllen bzw. das Übertreffen von Erwartungen. Was Qualität ist, entscheidet der Gast und sonst niemand.
Tirol im Herzen, eine neue Zukunft im Blick
Editorial Florian Phleps, Geschäftsführer Tirol Werbung