Erwartungshaltungen
Qualität geht Hand in Hand mit Erwartungen und Ansprüchen bzw. mit dem Erfüllen oder Nichterfüllen derselbigen. Heißt: „Die Wahrnehmung der erhaltenen Leistung sollte meine Erwartung zumindest erfüllen, im Idealfall übertreffen“, sagt Hubert Siller, Leiter des MCI Tourismus. Wer ein gewisses Niveau kommuniziere, müsse auch in der Lage sein, es zu halten.
Während Qualität im Tourismus schon immer eine Rolle gespielt hat, ist der Anspruch der Gäste kontinuierlich gestiegen. Der Gast von heute ist besonders anspruchsvoll. Das Schlagwort Convenience, auf Deutsch so viel wie Bequemlichkeit oder Komfort, spiele heute eine besonders wichtige Rolle. Der Gast wolle eine möglichst durchgängige Dienstleistungskette, möchte verschiedene Services aus einer Hand. „Im Idealfall“, sagt Siller, „funktioniert alles nahtlos wie auf einem Kreuzfahrtschiff.“

„Im Idealfall funktioniert alles nahtlos wie auf einem Kreuzfahrtschiff.“
Mitarbeiter und Momente
Eine weitere wichtige Rolle spielen die Mitarbeiter. Und auch hier habe man es mit einer Art Kette zu tun, erklärt Siller: „Vom Busfahrer über die Rezeptionistin bis hin zum Liftangestellten – die Menschen, denen man im Urlaub begegnet, bleiben in Erinnerung.“
Freundlichkeit sollte im Dienstleistungssektor deshalb nicht nur selbstverständlich, sondern eine Haltung sein. Siller zieht hier gerne Fluggesellschaften als Beispiel heran: „Singapore Airlines trainiert ihre Mitarbeiter regelmäßig. Vom gepflegten Äußeren bis zum Augenkontakt mit den Passagieren wird hier nichts dem Zufall überlassen.“
Mitarbeiter im Tourismus können auch in anderer Hinsicht eine wichtige Rolle einnehmen. Im Urlaub, sagt Hubert Siller, sind wir alle „Moment Hunters“, also auf der Suche nach besonderen Momenten. Ortskundige Mitarbeiter, die Urlaubern Tipps geben oder ihnen eine besonders schöne Wanderung empfehlen, sind hier der Schlüssel.
Schlagwörter in der Diskussion um Qualität
Confirmation/Disconfirmation
Englisch für Bestätigung/Nichtbestätigung – hier von Erwartungen.
Customer journey
Meint den Zyklus, den ein Kunde oder Gast durchläuft, bevor er ein Produkt oder eine Dienstleistung kauft. Die dazugehörige Dienstleistungskette sollte möglichst geschlossen sein – sprich: der Gast erwartet sich, mehrere Dinge aus einer Hand zu bekommen.
People Business
Der Tourismus ist ein People Business, also ein Geschäft, in dem Menschen – Mitarbeiter wie Gäste – eine wichtige Rolle spielen.
Moment Hunters
Im Urlaub sind wir alle Moment Hunters – wir sind auf der Suche nach besonderen Erlebnissen und Momenten.
Wer bestimmt Qualität?
Christoph Engl, ehemaliger Direktor der Südtirol Marketing Gesellschaft, Autor und Managing Director der Markenstrategieberatung BrandTrust, hat seine Probleme mit der aktuellen Diskussion um die Qualität im Tourismus, geht sie für ihn doch von einer falschen Prämisse aus: „Was Qualität ist, darüber entscheidet der Kunde bzw. der Gast und niemand sonst.“
Der Definition von Qualität stünde in den kommenden zehn Jahren ein, wie er es ausdrückt, „epochaler Wandel“ bevor, ist Engl überzeugt. Bislang habe man versucht, Qualität von außen zu definieren bzw. über Kategorien wie zum Beispiel Sterne für Hotels zu institutionalisieren. Dieses System sei aber nicht mehr zeitgemäß. Es seien die Gäste, die die Bewertung vornehmen, und nicht die Tatsache, ob ein Zimmerkühlschrank vorhanden ist.
Und diese Bewertungen erfolgen je nach Einstellung und Bedürfnis. „Ein vollautomatisiertes Hotel ohne für mich sichtbare Mitarbeiter, in dem alles reibungslos funktioniert, kann auf einer Geschäftsreise höchste Qualität bedeuten“, nennt Engl ein Beispiel.

„Es geht darum, losgelöst von überholten Definitionen, den Kunden und Gästen Exzellentes zu bieten.“
Ohne Spa im Designerhotel
Dass herkömmliche Denkmuster ausgedient haben, beweist für den Markenstrategen auch der Erfolg von Hotelkonzepten wie Motel One. Die internationale Hotelkette setzt auf Design und günstige Zimmerpreise. Spa-Bereich und ein herkömmliches Frühstücksbuffet findet man hier nicht, dafür übernachtet man in den Metropolen der Welt zu relativ günstigen Preisen – und das in modernen, schönen Zimmern. Auf der traditionellen Sterneskala würden die meisten Häuser von Motel One aber über drei Sterne nicht hinauskommen.
Am Ende, sagt Christoph Engl, zählt nur eines: „Es geht darum, losgelöst von überholten Definitionen den Kunden und Gästen Exzellentes zu bieten.“
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